Neue Höchstspannungsleitungen – aufgehängt an kirchturmhohen Stahlgittermasten oder als Erdkabel verlegt – bringen Windstrom aus dem hohen Norden ins Landesinnere. Für den Transport werden sehr hohe Spannungen verwendet, in der Regel 220-Kilovolt (kV)- und 380-kV-Wechselstromleitungen. Entlang dieser Leitungen und im Umfeld von Umspannanlagen treten niederfrequente elektrische und magnetische Felder auf. Abhängig von ihrer Stärke nehmen diese Einfluss auf den menschlichen Körper. Manch Anwohner und Landwirt fragt sich daher, ob das Wohnen bzw. Ackern in unmittelbarer Nähe der Leitungen auf Dauer krank machen kann.
Grenzwerte sollen schützen
Elektrische Ströme gibt es auch im menschlichen Körper. Sie steuern beispielsweise den Herzschlag und Muskelbewegungen. Kritisch kann es werden, wenn von außen niederfrequente elektrische oder magnetische Felder auf den Körper einwirken und hier zusätzliche elektrische Felder erzeugen, die die Nerven-, Muskel- und Herzfunktion stören.
Da bei der Stromübertragung entlang der Übertragungsleitungen elektrische und magnetische Felder auftreten, hat der Gesetzgeber zum Schutz der Gesundheit bestimmte Grenzwerte festgelegt. Diese dürfen bei der Inbetriebnahme oder bei wesentlichen Veränderungen einer Anlage nicht überschritten werden (siehe Kasten „Regelungen“).
Regelungen
- Bundesweit gibt es keine Regelung, die einen Mindestabstand von Hochspannungsleitungen zu Wohngebäuden vorschreibt. Maßgeblich ist, dass die gesetzlichen Grenzwerte für elektrische Feldstärken und magnetische Flussdichten eingehalten werden.
- Für den Neubau von Freileitungstrassen mit Wechselstrom, die eine Frequenz von 50 Hertz und eine Nennspannung von 200 Kilovolt und mehr aufweisen, gilt jedoch ein Überspannungsverbot von Gebäuden und Gebäudeteilen, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
- Grenzwerte zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren durch elektrische Feldstärken und magnetische Flussdichten sind in der Verordnung über „elektromagnetische Felder“ der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung festgelegt.
- Auch bei Erdkabeln gilt, dass an allen Orten, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, bei höchster betrieblicher Anlagenauslastung die Grenzwerte eingehalten werden müssen.
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„Nach aktuellem Stand der Forschung schützen die Grenzwerte Erwachsene und Kinder selbst bei geringer Entfernung von Wohngebäuden zur Hochspannungsleitung vor allen nachgewiesenen gesundheitlichen Wirkungen“, versichert das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Das gilt auch für Arbeiten in unmittelbarer Nähe. „Für Landwirte bestehen bei Einhaltung der Grenzwerte aus Sicht des Strahlenschutzes keine gesundheitlichen Gefahren beim Arbeiten unter Höchstspannungsleitungen bzw. über Erdkabeln“, heißt es auf Anfrage beim BfS.
{{::tip::standard::Träger von Herzschrittmachern und anderen elektronischen Implantaten sollten wissen: Die Funktion des Gerätes kann unter Umständen auch unterhalb der für elektrische und magnetische Felder vorgeschriebenen Grenzwerte gestört werden. Betroffene sollten daher starke Felder meiden und sich bei ihrem behandelnden Arzt oder dem Hersteller des Gerätes bezüglich der Störanfälligkeit des Herzschrittmachers informieren.::}}
Gewährleistet sei dies durch einen sogenannten Sicherheitsfaktor, der bei der Festlegung der Grenzwerte berücksichtigt wurde. Selbst bei einer möglichen Überschreitung der Grenzwerte in direkter Nähe zu Freileitungen oder Erdkabeln sei nicht mit gesundheitsschädlichen Wirkungen zu rechnen.
Ableitströme sind möglich
Allerdings können manche Menschen ab einem bestimmten – von Mensch zu Mensch unterschiedlichen – Schwellenwert elektrische Felder unter Hochspannungsleitungen wahrnehmen. Außerdem kann es zu Ableitströmen oder Elektrisierungen kommen, ähnlich wie beim Ausziehen eines Vliespullovers oder bei Kontakt mit einer Türklinke. Im Alltag sind derartige Ableitströme meist harmlos. „Unter Einfluss sehr starker elektrischer Felder kann es allerdings in seltenen Fällen zu sehr unangenehmen, schmerzhaften Elektrisierungen kommen – zum Beispiel bei großen von der Erde isolierten Metallflächen unter Hochspannungsleitungen“, so das BfS.
Mögliche Bedenken
Ob die vorgeschriebenen Grenzwerte generell ausreichend schützen, ist umstritten. Diskutiert werden etwa Beobachtungsstudien, die darauf hindeuten, dass bei Personen, die beruflich einer erhöhten Magnetfeldexposition ausgesetzt sind, wie Arbeitskräfte in Elektrizitätswerken, häufiger Alzheimer-Erkrankungen oder die Amyotropher Lateralsklerose (ALS) auftreten. „Bisher lassen sich die Ergebnisse durch experimentelle Laboruntersuchungen nicht bestätigen“, so das BfS. Dies werde jedoch weiter wissenschaftlich untersucht, auch beim BfS.
Auch die Frage, ob niederfrequente Magnetfelder an der Entstehung von Leukämien im Kindesalter beteiligt sind, wird diskutiert und ist abschließend nicht geklärt. www.wochenblatt.com/bfs-leukaemie
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Die Höhe der elektrischen und magnetischen Felder hängt bei Freileitungen unter anderem von der Spannung und Stromstärke, der Mastform sowie der Anzahl und Anordnung sowie dem Durchhang der Leiterseile ab. Unterhalb der Leiterseile sind die Feldstärken am höchsten. Sie nehmen mit zunehmender Entfernung von der Freileitung schnell ab.
Niederfrequente elektrische Felder lassen sich leicht abschirmen etwa durch Erdreich, Bäume, Hausdächer oder -wände; magnetische Felder dagegen nur schwer. Sie können in Gebäude und in den menschlichen Körper eindringen.
Bei Erdkabeln treten nur magnetische Felder auf, die in gleicher Größenordnung wie bei Freileitungen direkt über dem Erdreich sind. Sie nehmen mit seitlichem Abstand zur Trasse jedoch wesentlich schneller ab, als dies bei Freileitungen der Fall ist.
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