Michael Gennert, Direktor der Landvolkshochschule (LVHS) Freckenhorst, sieht es betriebswirtschaftlich. „Wir brauchen beim Hauptkurs 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, damit das Defizit noch tragbar ist“, sagt er. 2023 hatte die LVHS den Kurs nach der Corona-Pause ausnahmsweise mit acht Teilnehmern durchgezogen. Bis zum vergangenen November hatten sich sieben junge Menschen für die Auflage im Januar 2024 angemeldet. Daraufhin folgte die Absage – und die Empfehlung, beim Kurs in Hardehausen im Erzbistum Paderborn mitzumachen.
Ein Kurs mit langer Geschichte
Hinter den Kulissen sorgt es für Rumoren, dass die Absage schon sechs Wochen vor dem Start des Kurses erfolgte. Vielleicht hätten sich mit vereinten Kräften noch weitere junge Leute mobilisieren lassen?
Die Absage des Hauptkurses ist ein sensibles Thema, auch weil er als echte Institution gilt. Vier gemeinsame Wochen, Anstöße für den eigenen Weg und ein Netzwerk fürs Leben: Dafür ist er bei Bauernfamilien bekannt. Schon bei der Gründung der LVHS vor 70 Jahren gehörten mehrwöchige Kurse für junge Leute vom Land zu den Säulen des Programms. Nach einer Pause in den 1970er-Jahren, gelang Mitte der 1980er-Jahre der Neustart. Hunderte haben über die Jahrzehnte teilgenommen. Zielgruppe sind in erster Linie angehende Betriebsleiterinnen und -leiter aus der Landwirtschaft. Einmal für mehrere Wochen den heimischen Betrieb zu verlassen, um sich mit Fragen des eigenen Lebensweges zu befassen, diese Gelegenheit gab und gibt es schließlich selten. Und das prägt. In der Ehemaligengemeinschaft, aber vor allem in den jeweiligen Jahrgängen entstehen Netzwerke.
Rückenwind von der Landjugend
„Ich schätze den Kurs sehr, weil ich sehe, wie sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer positiv entwickeln“, sagt Nicole Rehbaum, Agrarreferentin in der Diözesanstelle der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) im Bistum Münster. „Sie denken selbstständiger und erfahren, dass Arbeit für das Gemeinwohl lohnend ist.“ Durch die Corona-Pause sei die Werbung des aktuellen Jahrgangs für die nächste Auflage etwas ins Stocken geraten. Deshalb sieht sie auch ein weiteres Jahr Pause skeptisch. Eine Überlegung wert sei es, den Hauptkurs für Studierende attraktiver zu machen. Für diese kollidiert der aktuelle Termin mit einer Klausurenphase.
Auch in der Vergangenheit habe sich der Hauptkurs schon einmal in einer Krise befunden, betont Michael Gennert. Jetzt bestehe die Gelegenheit, sich mit vereinten Kräften neu aufzustellen. „Wenn unsere Agrarreferenten-Stelle neu besetzt ist, müssen wir darüber sprechen, auch mit Kooperationspartnern wie den ländlichen Verbänden.“
Wo bleibt das Ländliche?
Bei den Diskussionen um den Hauptkurs schwingt auch die Befürchtung mit, dass Landwirtschaft und ländliche Bildung in Freckenhorst ins Hintertreffen geraten könnten. Tatsächlich mache der Bereich nach Zahlen aus den vergangenen zehn Jahren nur 18 % der Teilnehmertage aus, erklärt Gennert.
„Es wäre schade, wenn in Freckenhorst die Bedeutung der Landwirtschaft abnimmt“, sagt Karl Werring, Präsident der Landwirtschaftskammer NRW. Der Landwirt aus Sendenhorst war acht Jahre Vorsitzender des Kuratoriums, das die Arbeit der LVHS begleitete. Im Jahr 2022 hatte er seinen Rückzug angekündigt. Kurz darauf entschied der Generalvikar in Münster, das Gremium aufzulösen. Stattdessen solle es Jahresgespräche mit Partnern in Politik und Gesellschaft geben. Diese finden statt – der zentrale Ort zum Netzwerken fehlt aber.
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